In den letzten Jahren rückt der Zusammenhang zwischen der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und der prämenstruellen dysphorischen Störung (PMDS) zunehmend in den Fokus der Forschung. Besonders bei erwachsenen Frauen zeigt sich, dass hormonelle Schwankungen nicht nur das emotionale Wohlbefinden, sondern auch die typischen ADHS-Symptome wie Impulsivität, Konzentrationsstörungen und emotionale Dysregulation verstärken können.
Eine Studie von Dorani et al. (2021) mit 209 Frauen zeigte, dass 45 % der Teilnehmerinnen mit ADHS auch Symptome einer hormonell bedingten affektiven Störung – wie PMDS – aufwiesen. Diese Zahl liegt weit über der geschätzten Prävalenz von PMDS in der Allgemeinbevölkerung (ca. 3–8 %). Auch Lin et al. (2024) fanden in einer klinischen Untersuchung, dass ADHS bei Frauen mit PMDS signifikant häufiger vorkam als bei Frauen ohne PMDS.
Neurobiologisch könnte dies durch die Sensitivität des dopaminergen Systems gegenüber Östrogenschwankungen erklärt werden. Östrogen moduliert die Dopaminverfügbarkeit im Gehirn – einem zentralen Botenstoff, der bei ADHS ohnehin dysreguliert ist. Sinkt der Östrogenspiegel in der zweiten Zyklushälfte, können sich ADHS-Symptome daher verstärken oder in zyklischer Weise stärker zum Ausdruck kommen.
Die Forscherin de Jong et al. (2023) betont in ihrer Arbeit die Notwendigkeit einer geschlechtersensiblen Behandlung von ADHS – etwa durch die zyklische Anpassung von Medikation oder begleitenden therapeutischen Maßnahmen.
Die Forschung steht zwar noch am Anfang, aber die bisherigen Ergebnisse sprechen für eine engere interdisziplinäre Betrachtung von ADHS, weiblicher Hormonregulation und PMDS – sowohl in Diagnostik als auch Therapie.
Literatur:
- Dorani, F., Bijlenga, D., Beekman, A.T.F., van Someren, E.J.W., Kooij, J.J.S. (2021). Prevalence of hormone-related mood disorder symptoms in women with ADHD. Journal of Psychiatric Research, 133, 10–15. PubMed
- Lin, P.C., Long, C.Y., Ko, C.H., Yen, J.Y. (2024). Comorbid Attention Deficit Hyperactivity Disorder in Women with Premenstrual Dysphoric Disorder. Journal of Women’s Health, 33(9), 1267–1275. PubMed
- de Jong, M., Wynchank, D.S.M.R., van Andel, E., Beekman, A.T.F., Kooij, J.J.S. (2023). Female-specific pharmacotherapy in ADHD: premenstrual adjustment of psychostimulant dosage. Frontiers in Psychiatry, 14, 1306194. Frontiers