ADHS und Autismus: Neue Studienergebnisse

In einer groß angelegten Kohortenstudie mit über 3,5 Millionen Medicaid-versicherten Erwachsenen in den USA wurde untersucht, wie häufig ADHS zusätzlich bei Menschen mit Autismus vorkommt und welche gesundheitlichen Folgen damit verbunden sind. 

Wie häufig ist ADHS bei Autismus?

  • Bei Erwachsenen mit Autismus ohne geistige Behinderung betrug die Rate komorbider ADHS etwa 26,7 %, bei Autismus mit Intelligenzminderung sogar 40,2 % (im Vergleich zur allgemeinen Population: 2,7 %
  • Kommt ADHS zusätzlich vor, steigt das Risiko für Begleiterkrankungen: Substanz­gebrauch, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Unfälle treten häufiger auf. 
  • Interessanterweise war die Einnahme von ADHS-Medikamenten mit geringere Raten solcher negativen gesundheitlichen Folgen verbunden. Dies legt nahe, dass eine Behandlung der ADHS auch die allgemeine Gesundheit und Lebensqualität von autistischen Erwachsenen positiv beeinflussen kann.

Indikation für Diagnostik und Therapie

Diese Studie verdeutlicht, dass ADHS bei autistischen Erwachsenen keineswegs selten ist – und dass eine gezielte Diagnostik und Behandlung (auch medikamentös) nicht nur Symptome lindern, sondern auch gesundheitliche Risiken senken kann. In der Praxis bedeutet das:

  • Diagnostisch breit denken: Die Symptome treten gehäuft gemeinsam auf – nicht nur als Randphänomen, sondern als potenziell behandlungsrelevante Komorbidität. Von Komorbidität spricht man, wenn beide Störungen gleichzeitig bestehen und sich gegenseitig auf Symptome und Alltagsbewältigung auswirken.
  • Symptomverlauf beachten: Manche Merkmale tauchen erst später auf oder waren früher weniger sichtbar.
  • Genetische / Umweltfaktoren erklären teilweise, warum manche Menschen in manchen Lebensabschnitten stärker betroffen sind als in anderen.
  • Lebenslange Begleitung ist sinnvoll – ADHS bleibt oft im Erwachsenenalter bestehen, besonders bei Komorbiditäten.
  • Therapeutische Konzepte müssen beide Facetten berücksichtigen: Aufmerksamkeit, Exekutivfunktionen und autistische Merkmale (z. B. soziale Kommunikation, sensorische Besonderheiten).
  • Der Befund stärkt die Bedeutung eines integrativen Ansatzes: Diagnostik, Psychotherapie und (wo angezeigt) medikamentöse Therapie entlang beider Störungsbereiche.

Quelle:

Yerys BE, Tao S, Shea L, Wallace GL. Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder in Medicaid-Enrolled Autistic Adults. JAMA Netw Open. 2025;8(2):e2453402. DOI:10.1001/jamanetworkopen.2024.53402 https://jamanetwork.com/journals/jamanetworkopen/fullarticle/2830118